Dr. Franz Josef Jung: „Zu den großen Problemen der digitalen Welt gehört ein häufig aggressiver und verletzender Ton bei Debatten in sozialen Netzwerken. Im Schutz der Anonymität werden Worte gewählt, die in persönlichen Diskussionen sicher nicht fallen würden. Inakzeptabel wird dieses Vorgehen, wenn dadurch geltendes Recht verletzt wird.
Die Bundesregierung hat in ihrer letzten Sitzung vor der Sommerpause über das ‚Netzwerkdurchsetzungsgesetz‘ debattiert. Mit diesem will die CDU-geführte Große Koalition dem Prinzip Geltung verschaffen, dass auch in der virtuellen Welt die gleichen Regeln gelten sollen wie in der realen. Die Betreiber großer sozialer Plattformen werden verpflichtet, ein wirkungsvolles System in Form eines Beschwerdemanagements aufzubauen, das die Durchsetzung geltenden Rechts gewährleistet. Hinweise von Nutzern der Netzwerke auf Rechtsverletzungen sollen nicht mehr – wie bislang häufig geschehen – entgegengenommen und danach ignoriert werden. Vielmehr müssen sie auch tatsächlich bearbeitet und rechtswidrige Inhalte in offensichtlichen Fällen auch umgehend gelöscht werden. Dort, wo eine Rechtsverletzung nicht unmittelbar festgestellt werden kann, haben Unternehmen mehr Zeit zur Bearbeitung.
Plattformen können nach dem Vorbild des Jugendmedienschutzes unabhängige Entscheidungseinrichtungen einbinden. Es drohen auch keine Bußgelder, wenn einzelne Kommentare nicht gelöscht werden. Sanktionen werden erst fällig, wenn kein wirksames Beschwerdemanagement eingerichtet wird.
Zu den Neuregelungen gehören auch:
- Die Pflicht zur Ernennung eines Beauftragten, an den Auskunftsersuchen gerichtet werden können; damit wird vermieden, dass Verweise auf ausländische Dienstsitze die Beschwerden ins Leere laufen lassen;- Schaffung eines Anspruchs auf Feststellung der Identität des Verletzers.
Entgegen Befürchtungen, durch solche Maßnahmen werde die Meinungsfreiheit eingeschränkt, enthält das Gesetz eine ausgewogene Balance zwischen Grundrechten und Sicherheitsaspekten. Mit Hilfe des Bundesamtes für Justiz werden wir künftig dafür Sorge tragen, dass die derzeit intransparente Praxis bei Löschungsersuchen geändert wird und klare rechtliche Vorgaben gelten statt unternehmensinterner Richtlinien, die für die Millionen Nutzer sozialer Netzwerke unzugänglich sind.“